I am your god now: Disneys kultureller Kolonialismus

Kann man Götter patentieren? Die Rechtsabteilung von Walt Disney ist dieser Meinung. Kürzlich ließ das mächtige (und dunkle) Mickey-Mouse-Imperium Merchandise von freien Künstlern sperren, in denen der Begriff „Loki“ vorkam. Das Ganze ist nicht loco, sondern ein logischer Schritt eines neoliberalen Konzerns, dessen freundliche Fassade kaum heuchlerischer sein könnte. Und bei Weitem nicht der erste Fall des kulturellen Kolonialismus. 

Eines vorweg: Ich finde die meisten Superheldenfilme furchtbar. Die Fülle an diesen glatt polierten und uninspirierten Streifen des letzten Jahrzehnts ruft bei mir völliges Unverständnis hervor. Dass sich erwachsene Menschen diese seelenlose Recycling-Abfälle von geistiger Kreativität der Comic-Schöpfer*innen millionenweise angucken, verstört mich. Wobei man die aktuelle Sackgasse Hollywoods wohl kaum besser in einer Metapher verpacken kann als diese Kopie einer Kopie einer Kopie. Auch wenn die Nachfrage natürlich Bände über den fehlenden Anspruch des Publikums spricht, welches diese Nachfrage erst erzeugt. 

Andererseits finde ich es legitim, wenn sich jemand ohne Anspruch berieseln lassen möchte. Wir alle brauchen ab und an eine Pause für den Verstand und vielleicht sind diese Filme ja ein gutes Ventil dafür. Geschenkt. 

Was ich kurios finde, ist, dass die Welten von MARVEL & Co nicht nur von eigens für sie ausgedachten Charakteren bevölkert werden, sondern auch von Göttern der skandinavischen Mythologie (Loki, Thor). Was an sich schon eine krude Mischung ist, wird so richtig absurd, wenn es um das liebe Geld geht (und bei diesen Filmen geht es um wenig mehr). Da kommt ein Konzern mit einer fragwürdigen Maus als Maskottchen schon mal auf die Idee, sich einen Gott patentieren lassen zu wollen. 

Disneys „Loki“ und eine skrupellose Lizenz-Abteilung

Walt Disney bemüht sich bereits seit 2019 um ein Patent auf den Namen „Loki“. Vor einiger Zeit hatten sie Erfolg. Ihr Trademark „Marvel Loki“ erhielt ein Patent, wie man auf einer Seite des United States Patent And Trademark Office nachlesen kann. Von diesem Erfolg beflügelt, scheinen einige Anwälte von Disney durchgedreht zu sein.
 
So kam es, dass auf der Plattform Redbubble, auf der Künstler*innen ihr Artwork auf Shirts, Tassen & Co. anbieten können, das Shirt des Künstlers @YourBoswell entfernt wurde, auf dem der Name „LOW KEY“ (Ausgesprochen ähnlich wie Loki) stand. „Das Shirt war bereits mehrere Jahre online“, erklärt er. „Es ist eine einfache Comic-Referenz, die ich für Cosplay erstellt habe. Ich habe sogar Farbe und Schriftart geändert. Aber da die Show nun erfolgreich ist, scheinen sie loszulegen.“ 
 
 
redbubble Anschreiben wegen Loki Patent

Disneys Gier ist kultureller Kolonialismus

Dieses absurd anmutende Vorgehen an sich ist kein Einzelfall, sondern ein weiterer Einblick in die wahre Philosophie von Walt Disney. Es kommt zum Vorschein, wenn das Feuerwerk verglüht und die süßen Waldtierchen alle zurück in ihre Käfige gesperrt wurden, um am nächsten Tag wieder lächelnd vor dem Konsumenten eine heile Welt vorzutanzen. Immerhin hat man bereits versucht, sich den mexikanischen nationalen Feiertag Day of the Dead (Día de los Muertos) als Patent zu sichern. Hintergrund war Disneys Pixar-Streifen „Coco. Im Umfeld von „König der Löwen“ schnappte sich das Unternehmen kurzerhand die gängige Phrase „hakuna matata“ auf Swahili. Es ist also nur logisch, dass man nun auch eine nordische Gottheit zur Gelddruckmaschine degradieren möchte. Disneys Gier kennt weder Skrupel noch Grenzen. 
 
Denkt an diesen kulturellen Raubbau, wenn Walt Disney das nächste Mal etwas aus eurem Kulturareal verarbeitet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es danach ihm gehört. Angesichts der Macht des Mickey-Mouse-Imperiums könnt ihr dann nur eine Sache tun: Euch damit abfinden. 

2 Gedanken zu „I am your god now: Disneys kultureller Kolonialismus

  • Arndt
    Februar 20, 2022 um 9:25 pm

    Kleine Anmerkung: Gib dir mal den Wiki-Eintrag zum Begriff "Kulturkreis" und seiner nicht mehr zeitgemäßen Bedeutung.

    VG, Arndt

    https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturkreis

  • Eugen Lyubavsky
    Februar 20, 2022 um 9:25 pm

    Vielen Dank, Arndt. Das war mir nicht bewusst. Ich habe Kulturkreis nun durch Kulturareal ersetzt.

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