Liebes Deaf Forever, lieber Götz.
In der aktuellen Ausgabe bedankst du dich in dem Vorwort umfassend für das Community-Engagement gegen das Rechtsaußen-Festival Steel Fest. Unter dem Titel „Hier ist Schluss!“ schreibst du erfreuliche Zeilen wie „Erschreckenderweise war vielen das Geldverdienen wichtiger als das klare Positionieren. Wenn es darum geht auf etwas zu verzichten und Opfer zu bringen, ist man plötzlich „immer schon unpolitisch“ gewesen und reicht auch gerne mal dem Gegner die Hand. Das ist für uns absolut nicht nachvollziehen.“
Als jemand, der sich schon seit langer Zeit gegen rechte Umtriebe im Metal engagiert, hätten diese Worte Begeisterung in mir auslösen sollen. Auch als jahrelanger Magazinleser hätte mich diese scheinbar klare Kante gegen rechts sehr freuen müssen. Warum nichts davon der Fall ist? Weil das Magazin nach diesen blumigen Worten mal wieder zum Business as usual übergeht und im gleichen Heft Bands wie Abigor oder Runespell bespricht.
Machen wir es kurz: Während Runespell in der Vergangenheit das NSBM-Flaggschiff Absurd gecovert haben, ließen sich Abigor gleich einen Songtext von Absurds Neonazi und verurteilten Mörder Hendrik Möbus schreiben (das Re-Release dieser Kollaboration feiert ihr ernsthaft mit 9,5 Punkten). Möbus war zeitweise einer der bekanntesten Neonazis Deutschlands, der nach wie vor bekennender Nationalsozialist, Schlüsselfigur des europäisch vernetzten NSBMs und Mitveranstalter des rechtsradikalen Hot Shower Festivals ist. Richtig gelesen: Der Name spielt auf die Gaskammern in deutschen Konzentrationslagern an, in denen sechs Millionen Juden ermordet wurden.
Mit diesen Federn schmücken sich die Bands, die ihr in eurem Heft OHNE EIN EINZIGES WORT DER KRITIK in den Himmel lobt. Kann man das eigene Weltbild klarer bekunden als eine Band wie Absurd zu covern oder gar mit Möbus selbst zusammenzuarbeiten? In der gleichen Ausgabe, in der ihr euch für das Engagement gegen rechte Umtriebe im Metal bedankt, macht ihr Werbung für diese Bands. Wie genau lässt sich das Ganze in Einklang bringen?
Die Grauzone ist ein Dauergast im Deaf Forever
Leider ist das Ganze kein Fauxpas, kein einmaliger Ausrutscher. Die sogenannte Grauzone ist ein Dauergast im Deaf Forever. Prominentes Beispiel: Die polnischen Mgla, die ihre Musik über das NSBM-Label Northern Heritage veröffentlichen und vertreiben („Erschreckenderweise war vielen das Geldverdienen wichtiger als das klare Positionieren„), sind ein Heftliebling. Northern Heritage ist übrigens keine Grauzone, sondern eine faschistische Instanz.
Leider war auch das „aufklärende“ Interview an Inhaltslosigkeit und fadenscheinigen Ausflüchten der Band (Tenor: „Was kann ich dafür, dass meine Freunde Faschos sind?“) kaum zu überbieten und dient seitdem als unglaubwürdiges Feigenblatt, um die Band weiterhin auf breiter Front zu promoten. Was auch immer dieses traurige Interview hätte sein sollen – kritischer Journalismus war es ganz sicher nicht.
Was diese Band sonst noch für NS-Leichen im Keller hat (Stichwort „Judenfrei“) habe ich bereits an anderer Stelle ausführlich dargelegt – und von entsprechendem Publikum entsprechende Reaktionen bekommen.
Sich einerseits für den Einsatz gegen Rechts zu bedanken und gleichzeitig völlig unkritisch Bands zu supporten, die mindestens mit einem Bein in dieser braunen Scheiße stecken, ist alles andere als glaubwürdig.
Lieber Götz – dir und einem großen Teil deines Teams gegenüber hege ich große Sympathien. Durch solche Widersprüche werden sie aber leider unwiderruflich verspielt.
Ihr nennt euch „Metal und Hardrock für Überzeugungstäter“. Vielleicht ist es ja mal an der Zeit, sich darüber klar zu werden, für welche Überzeugungen ihr steht.
Peter
Schöner Kommentar zum Umgang mit der Grauzone im DF. Ich hätte noch die Verteidigung vom Menschen hinter WTC erwähnt, die einer der Chefredakteure offen im Forum geführt hat, obwohl die Beteiligung des Herren an aktuellen Absurd-Veröffentlichungen bekannt war und ist.
infinit
nicht zu vergessen Behemoth, der sich kürzlich mit seinem freund Rob Darken (nazi) photographieren ließ!
Eugen Lyubavsky
Hier würde ich widersprechen. Nergal hat zwar einige zweifelhafte Aktionen rausgehauen, sich aber auch eindeutig zu den Vorwürfen positioniert, unter anderem in seiner Autobiographie. Für mich war das glaubwürdig. Ein fader Beigeschmack bleibt jedoch, keine Frage. Subjektiv zähle ich Behemoth nicht zur Grauzone. Soweit ich weiß, ist das besagte Foto mindestens 5 Jahre alt. Cheers, Eugen